Spielleute, Gaukler und Ritter in Bad Langensalza: Die Kurstadt feiert das legendäre Mittelalterstadtfest. Für einen der Teilnehmer ist es allerdings das letzte historische Spektakel: Beim „Teufelswerk“, einem allseits gefürchteten Spiel, findet man einen verstümmelten Toten. Auf der Suche nach dem Mörder tauchen die Kommissare Bernsen und Kohlschuetter tief ins dunkle Zeitalter ein, als drakonische Strafen noch an der Tagesordnung waren und man Recht und Gesetz in die eigenen Hände nahm …
Ein politisch unkorrekter Ost-West-Krimi mit viel Humor und Thüringer Patriotismus.
Gebundenes Buch € 11,90
ISBN 978-3-7408-0282-0
E-Book € 9,49
ISBN 978-3-96041-327-1
»Es roch nach Bienenwachs, Räucherwerk und Ölen, nach gebratenem Spanferkel und dem süßlich-schweren Aroma mittelalterlichen Mets. All das präsentierte sich vor der Kulisse farbenprächtiger Patrizierhäuser und wirkte so echt, als hätte man die Bad Langensalzaer Innenstadt in einer anderen Zeit versetzt.«
Am frühen Nachmittag waren die Gaukler, Musikanten, Ritter, Händler, Stelzenläufer, Fahnenschwinger und allerlei Gefolge in der Stadt eingefallen und hatten unter den Klängen von Dudelsäcken, Trommeln und Flöten das Stadtoberhaupt nebst der schönen Rosenkönigin und dem Herold der Thüringer Landgrafen, Randolf zu Duringen, vom Rathaus abgeholt und über die belebte Marktstraße zur großen Bühne auf dem Töpfermarkt begleitet. Nun stand der Bürgermeister unter den schwarzen Planen der Bühnenverkleidung und schwitzte aus allen Poren. Die weinrote Samtweste mit den aufgenähten hellgrauen Fellapplikationen, das geschlossene Leinenhemd und die dicken Hosen taten dabei ihr Übriges.
Randolf zu Duringen, der wie jedes Jahr mit frecher Zunge durch das Programm führte, nickte mit wichtiger und übertrieben ehrerbietender Miene zu den Worten des Stadtoberhauptes und animierte das Publikum mittels seines Heroldstabes zum Applaudieren. Dabei verrutschte ihm fortwährend das rot-schwarze Chaperon, das er auf dem Kopf trug. Mit zackigen Handbewegungen richtete er es ein ums andere Mal und warf die lange, herabhängende Spitze verwegen zur Seite. Der stattliche Mann steckte bis zu den Waden in einem rot-blau-gelben Wappenrock, der mit dem Wappen des Thüringer Löwen, Sternen und Kreuzen verziert war. Darunter blitzte eine dunkelblaue Strumpfhose hervor. An den Füßen trug er abgewetzte dunkelbraune Schnabelschuhe, in denen er beschwingt hin und her tänzelte. Er vermittelte nicht den Eindruck, als würden ihm die hohen Temperaturen etwas ausmachen. Dagegen schien die Rosenkönigin, die unschwer daran zu erkennen war, dass ihr ein Korb mit dunkelroten Rosen über dem Arm hing, in ihrem hellgrünen langen Samtkleid und ihrem breiten, Ton in Ton gehaltenen Stirnreif förmlich wegzufließen. Sie presste die Lippen zusammen und lächelte tapfer.
»Das sechsundzwanzigste Mittelalterstadtfest ist eröffnet«, rief der Bürgermeister voller Überschwang. Er entledigte sich seines großen Hutes und fächelte sich und der Rosenkönigin damit abwechselnd etwas Luft zu, denn jetzt kamen die Gaukler und Spielleute dran, die unter lautem Getöse vor der Bühne aufzogen, um dem Stadtoberhaupt ihre Aufwartung zu machen. Berthold von der schönen Aue lachte fröhlich, während das Spielmannsduo „Pampatut“ in gestreiften Hosen und bunten Gewändern nach vorn trat und, begleitet von Drehleier und Cister, lautstark derbe Lieder zum Besten gab. Mühelos gelang es den beiden stadtbekannten Musikanten, die Zuhörer zu begeistern, sodass kurze Zeit später der gesamte Töpfermarkt am Ende jeder Strophe die Arme nach oben riss und ein schallendes »Hey!« hören ließ.
Nur wenige Minuten nach der offiziellen Eröffnung befand sich Bad Langensalza im berüchtigten Mittelalterstadtfestfieber.
Über die wunderschöne Kurstadt am Rande des Nationalpark Hainich gibt es so viel zu berichten, dass es mir wirklich schwer gefallen ist, einen Großteil in das Buch aufzunehmen. Alles konnte ich leider nicht erzählen. Aber was es mit dem Waid und dem Travertin, den beeindruckenden mittelalterlichen Fachwerkhäusern und der Stadtmauer mit ihren Türmen, der „Liebe zum Grün“ und den Rosen auf sich hat, das hat alles Eingang gefunden. Auch die wichtigsten (historischen) Personen habe ich bedacht. Vollständig sind auch diese nicht, aber es gibt ja für (fast) alles ein zweites Mal.
Die „Rosenstadt Bad Langensalza“, eine neue Züchtung der Königin aller Pflanzen gibt es wirklich. Ebenso ist die Rosenkönigin keine Erfindung von mir. Der Rosenlikör auch nicht, auch wenn Sie mir bitte nachsehen, dass ich Rosen lieber im herrlichen Rosengarten bewundere, als aus der Flasche zu mir zu nehmen. Im Bad Langensalzaer Rosengarten soll es über 420 Rosensorten und -arten geben, die an die über 100-Jährige Rosentradition erinnern. Übrigens: Bad Langensalza erhielt als einzige Stadt in Thüringen und 8. Stadt in Deutschland im Jahr 2002 den Titel „Rosenstadt“.
Die „Liebe zum Grün“ begegnet einem in Bad Langensalza auf Schritt und Tritt. Zehn Parks- und Themengärten machen die Stadt zu einer grünen Oase und bieten die Ruhe, die der ein oder andere, vor allem während des Trubels zum Mittelalterstadtfest (so erging es mir), suchen und finden möchte.
Kommissar Kohlschuetter erkundet die Stadtmauer und deren sechzehn erhaltene Türme und ein Stadttor auf seiner Joggingtour. Ich habe es langsamer angehen lassen. So oder so kann ich die Tour um die Altstadt nur empfehlen.
Einem der ältesten Häuser der Stadt kommt in meiner Geschichte eine besondere Bedeutung zu. Abgesehen davon, dass ich diese hier nicht verraten kann, muss man zum „Haus Rosenthal“ wissen, dass es im Jahr 1515 gebaut wurde und die Stadt Bad Langensalza im Jahr 2015 dafür den „Thüringer Denkmalschutzpreis“ bekommen hat. Die im Inneren beherbergte Ausstellung zur Pharmaziegeschichte ist ebenfalls äußerst sehenswert.
Den Wald von oben erwandern, das kann man (fast) nur in Thüringen. Dass Bernsen und Kohlschuetter bei allem Ermittlungsstress einen Abstecher in den Hainich machen mussten und – zu Bernsens Ärgernis – auch noch dem Baumkronenpfad einen Besuch abgestattet haben, konnte nicht ausbleiben.
Forsthaus, Ausflugsgaststätte und Biergarten – das Kommissar Bernsen hier nicht vorbeigehen konnte, lag auf der Hand. Rustikale Thüringer Spezialitäten mitten im herrlichen Hainich-Wald, ein Muss für alle, die Bad Langensalza besuchen.
Für alle, die geglaubt haben, ich hätte Kohlschuetter und seine Bad Langensalzaer Freundin an einen Fantasieort geschickt, die haben sich geirrt. Im Wildkatzendorf Hütscheroda kann jeder Katzen gucken, auch die die ansonsten eher auf Hunde stehen..
Frau Bruns, „Thüringer Teufelswerk“ – das klingt nicht unbedingt nach romantischer Abendlektüre. Worum geht’s in Ihrem neuen Buch?
Wenn das Buch romantisch ist, habe ich etwas falsch gemacht. Ich würde eher sagen, dieser Fall für Bernsen und Kohlschuetter ist der verworrenste und grausamste, den ich bisher geschrieben habe.
In Bad Langensalza stirbt ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes beim Mittelalterstadtfest. Die Leiche taucht dann beim beliebten „Teufelswerk“, einem Geschicklichkeitsspiel, auf. Kurzum: Sie kullert vor den Augen des Publikums aus einem der Säcke. Ein schrecklicher Gedanke..
Wie sind Sie denn auf die Story gekommen?
Für mich sind Mittelalterfeste ein Mysterium. Das Teufelswerkspiel fand ich originell. Die Grundidee wurde mir zugetragen, aber mehr kann ich nicht sagen.
Im letzten Buch schlugen die Dorf-Prostituierten zu, dieses Mal muss die Leiche auch noch kastriert sein. Unter Prüderie leiden Sie nicht gerade!
Bernsen würde sagen: „Typisch Ossi!“ Blödsinn. Mein Problem ist, ich leide eher unter zu viel Fantasie.
Aber ganz im Ernst: kann es nicht mal ein ganz normaler, gepflegter Mord sein?
Sind das meine Morde nicht? Aber im Ernst, ich mag außergewöhnliche Geschichten, untypische Situationen, geheimnisvolle Hintergründe. Und schließlich verwende ich auch fast immer Dinge, die mir die Leser zutragen. Im Fall von Bad Langensalza war das so. Aber mehr sage ich dazu nicht.
Schauplatz des Krimis ist dieses Mal Bad Langensalza, ein Thüringer Schmuckkästchen, das man besucht haben muss.
Absolut. Vor allem, wenn die Stadt im Mittelalterstadtfestfieber ist. Die besondere Atmosphäre, die vielen begeisterten Menschen, die Mittelalter-Freaks – das alles kann einen schon in seinen Bann ziehen.
Aber auch jenseits dieses Ausnahmezustandes hat die Stadt richtig viel zu bieten. Es ist nicht immer leicht, all die großen und kleinen Sehenswürdigkeiten zwischen zwei Buchdeckel zu pressen, aber ich habe es versucht und bin gespannt, wie das bei den Lesern ankommt.
Ermitteln dürfen auch dieses Mal wieder Bernsen und Kohlschuetter. Was macht die beiden Thüringer Kommissare eigentlich so erfolgreich?
Meine beiden ungleichen Ermittler ergänzen sich bei ihrer Arbeit perfekt. Sie sind grundsätzlich nie einen Meinung, sehen die Dinge immer von unterschiedlichen Seiten, natürlich auch durch die „Ost- und die Westbrille“, und diskutieren sich gegenseitig an die Wand. Das bringt die Ermittlungen voran und amüsiert die Leserinnen und Leser, zumindest habe ich mir das sagen lassen.
Wissen Sie eigentlich, wer von den Beiden bei Ihren Lesern besser ankommt?
Ganz eindeutig der Thüringer Timo Kohlschuetter. Er ist sympathisch, umgänglich und ein Menschenfreund, ein richtiger Schwiegermuttertyp eben. All das kann man von Friedhelm Bernsen mit seiner direkten, ruppigen Art nicht behaupten.
Bei mir hingegen sieht das anders aus, ich mag Bernsen eindeutig mehr, denn er darf (fast) alles sagen.
Dann dürfen wir davon ausgehen, dass das „Thüringer Teufelswerk“ nicht der letzte Fall gewesen sein wird?!
Definitiv nein. Der 2019er Fall befindet sich bereits in Arbeit. 2020 habe ich im Kopf. Die Thüringen Kommissare ermitteln weiter – und das freut mich sehr.